Zurück zum Hauptartikel "Delta Air Lines"

In vielerlei Hinsicht besteht zwischen der MD-90 und Delta Air Lines ein spezielles Verhältnis. Die Besonderheiten begründen sich nicht erst mit Erweiterungen der MD-90-Flotte durch Erwerb und Anmiete von gebraucht erworbenen Flugzeugen. Der Ausbau der MD-90-Flotte bei Delta erfährt außerhalb der USA nur mäßiges Interesse, eine Folgebestellung für zum Beispiel fünf Boeing 737-800 und Ausmusterung der MD-88/-90 würde erheblich mehr Interesse generieren und bestätigend wirken.

Erstkunde und Erstbetreiber der MD-90 wurden Delta Air Lines. Die MD-90 wurde sehr stark durch die Wünsche und Anforderungen von Delta geprägt. Die MD-90 war als Boeing 727-Ersatz vorgesehen und sollte ergänzend zur MD-88-Flotte eingesetzt werden. Die kombinierte MD-88/-90-Flotte sollte für das Unternehmen eine tragende Rolle spielen. Knapp ein Jahr nach Einführung der MD-90 berichteten erste Fachartikel über unzufriedene Einsatzzuverlässigkeit der MD-90 bei Delta. Diese Meldung wäre für sich genommen nicht akzeptabel gewesen, erschwerender kam aber die eher beiläufige Meldung einiger Artikel, dass Delta „Airbus A320 (als Ersatz) bestellen würden“. Mein gewonnener Eindruck war schon in diesem Stadium nicht die Behebung der Probleme, sondern eine Abwanderung, forciert durch weitere Meldungen über die Unzuverlässigkeit der MD-90. Ähnliche Probleme bei der Avro RJ wurden zum Beispiel ebenfalls in der Fachpresse publik, mit Äußerungen von Crossair über „nicht akzeptable Werte“ (bei der Zuverlässigkeit), hier aber ohne eindeutige Hinweise, sich vom betroffenen Flugzeugtyp zu trennen.

Es wirkte bei der Berichterstattung MD-90 <> Delta mitunter schon forciert, gewollt und für einen möglichen Wechsel als Begründung ideal zu sein, dass letztlich dann nur 16 von 31 fest bestellten Flugzeugen geliefert wurden und sämtliche Bestellungen und Optionen im Interesse einer Bestellung zugunsten der Boeing 737-800 storniert wurden. Die kleine MD-90-Flotte stand ab spätestens Ende der 1990er Jahre offiziell zur Disposition, die 737-800 übernahm die Rolle, die eigentlich der MD-90 zugedacht war. Rückblickend wäre es damals schon in einer von der Boeing 737NG und Airbus A320-Familie dominierten Szenerie der Flottenerneuerungen sehr auffallend gewesen, dass Delta fabrikneue MD-90 eingeführt hätten und diese in großer Stückzahl. So gesehen fiel der Flottenaufbau mit der 737-800 bei Delta nicht auf und entsprach der Norm und bestätigte viele Beobachter, wie gut die Boeing 737 oder A320 wäre und wie weise sich Fluggesellschaften gegen den weiteren Einsatz oder Annahme von MD-90 entschieden.

Die kleine MD-90-Teilflotte erzeugte bei Delta überaus hohe Kosten durch die zu geringe Anzahl an eingesetzten Flugzeugen. Es existierten – genährt durch weitere negative Faktoren – Gerüchte über den möglichen Verkauf der gesamten MD-90-Flotte und häufig erwähnt wurden SAS. SAS als Nutzer von acht MD-90 standen vor einem ähnlichen Problemen. Mit einer so kleinen Teilflott konnte der Betrieb der MD-90 nicht optimal umgesetzt werden. Es wurde zumindest von einer möglichen Verdoppelung der SAS MD-90-Flotte gesprochen und gleichzeitig wären weitere MD-80 verkauft worden. Diese Entwicklung verlief im Sande und SAS entschieden sich gegen den weiteren Einsatz. Im November 2005 musterten SAS ihre letzte MD-90 aus und konnte so minimal ihre ab Mitte der 1990er selbst aufgebaute Flottenvielfalt reduzieren, wobei der Einsatz von einer MD-80/-90-Kombination eher das geringere Übel darstellte.

Erst in dieser Phase zeigte sich von außen betrachtet, dass der MD-90 eine Nischenrolle zuteil wurde. So wurde die MD-90 als Ersatz der MD-88 vermehrt ab Salt Lake City eingesetzt, einem recht hoch gelegenen Flughafen. Die meisten Informationen begründeten diesen Wechsel mit der Tatsache, dass die MD-88 bei Ausfall eines Triebwerks weniger Leistungsreserven ab Salt Lake City aufwies und dies zu operationellen Einschränkungen führte. So war die maximal mögliche Nutzlast stärkeren Einschränkungen unterworfen und dies führte zu einem suboptimalen Einsatz auf den ihr zugewiesenen Streckenprofilen. Die MD-90 konnte anscheinend durch ihre stärkeren Triebwerke vorteilhafter eingesetzt werden als die MD-88. Weiterhin fand die MD-90 auch ab diversen kalifornischen Flughäfen Verwendung, wo extreme Lärmarmut vorteilhaft war. Unabhängig davon zogen Delta ihre MD-88-Flotte vermehrt von eher langen Routen ab, um diesen Flugzeugtyp dann optimiert auf kürzeren Routen zu verwenden.

Negative Berichte über die zuvor erwähnte Unzuverlässigkeit der MD-90 tauchten erheblich weniger auf, wenngleich die Wartung der MD-90 inoffiziell als „Albtraum“ bezeichnet wurde. Nichtsdestotrotz beruhigte sich das Bild und es erschienen erste Meldungen über den möglichen Ausbau der MD-90-Flotte. Diese Überlegungen wurden u.a. unbestätigt damit begründet, dass man durch den Einsatz einer größeren Teilflotte bestimmte Kostenfaktoren besser verteilen und gleichzeitig nicht mehr vor dem Problem eines Verkaufs stehen würde. Eine Veräußerung hätte finanziell keine attraktiven Konditionen ergeben, da es faktisch und offiziell keinen Bedarf für MD-90 gab. Bestehende MD-90-Betreiber berücksichtigten keinen weiteren Ausbau ihrer MD-90-Flotte, evaluierten aber schon eine Ausmusterung! Im Frühsommer 2007 gab es eine offizielle Bestätigung seitens der Delta, dass mit einer ausländischen Fluggesellschaft über die Übernahme von zusätzlichen MD-90-Flugzeugen als Ersatz von 50-sitzigen Regionaljets diskutieren würde.

Mit Übernahme von drei MD-90 aus Beständen der Hello bestätigte sich dann diese Entwicklung, gefolgt durch die Vereinbarung, die gesamte MD-90-Flotte von China Eastern Airlines zu übernehmen. Im Juli 2010 melden China Southern Airlines, einen Käufer für ihre gesamte MD-90-Flotte gefunden zu haben – hier handelt es sich um 13 Flugzeuge.

Anfang März 2011 wird bekannt, dass Delta neun der sechzehn MD-90 von JAL übernehmen werden. Es darf angenommen werden, dass auch die sieben verbliebenen MD-90 für Delta bestimmt sind.

Verschiedene Faktoren beeinflussen sicherlich die Erweiterungspolitik der MD-90-Flotte. Viele Details sind mir nicht bekannt und nur eine Verarbeitung von diversen Informationen und Tatsachen verweisen auf bestimmte Aspekte. Hier seien einige Überlegungen erwähnt:

Vergleichsweise sehr niedrige Investitionen

• Delta Air Lines können zu einem Bruchteil der notwendigen Investitionen für fabrikneue Flugzeuge dieser Kategorie ihre Flotte durch ein schon vorhandenes und recht modernes Modell optimal erweitern. Der Ausbau mit fabrikneuen Flugzeugen ihrer Größe wäre höchst wahrscheinlich mit erheblich stärkeren finanziellen Belastungen verbunden. Delta können so gesehen mittelfristig eine MD-90-Flotte mit 50, 70, 80 oder gar nahezu ca. 110 Flugzeugen aufbauen. Eine derart große Flotte mit fabrikneuen Flugzeugen auszubauen, wäre erheblich teurer. Die MD-90 kann in wirtschaftlicher Hinsicht mit moderneren Flugzeugen durchaus mithalten. Je nach Streckenprofil und korrekter Verwendung erweist sich die MD-90 gegenüber der Boeing 737-800 verschiedenen Informationen nach um 3,5 bis 5% weniger effizient – wie auch immer man „Effizienz“ auslegen mag. Für längere Streckenprofile erweist sich traditionell die 737-800 und A320 als besser geeignet, auf kürzeren Routen wird es möglicherweise keine deutlichen Unterschiede geben.

Moderner und sehr leiser Antrieb

• Die MD-90 bietet durch ihre IAE V2500-Triebwerke nicht nur einen umweltverträglichen und leisen Antrieb, sondern auch eine hohe Effizienz. Die Lärmarmut ist weiterhin beispielhaft, die Effizienz des IAE V2500 ist hinreichend belegt. In Kombination mit der aerodynamischen Form der MD-90 und Anordnung der Triebwerke erzeugt die MD-90 auch heute noch den geringsten Lärmteppich in ihrer Klasse und erfreut US-Flughafenanrainer durch attraktive Werte.

Optimale Nutzung

• Delta Air Lines setzen eine Vielzahl von Flugzeugtypen ein. Diese Tatsache erweist sich einerseits als komplex, andererseits sind Delta in der Position, dass sie schrittweise die verschiedenen Typengruppen optimal einsetzen können. So können Delta für jeden Markt das für ihre Anforderungen beste Modell verwenden. Die MD-88-Flotte erweist sich hier als Instrument für Kurzstrecken sehr gut geeignet, währen die MD-90 zunehmend ab Minneapolis - St.Paul eingesetzt werden. Die geographische Lage dieses Flughafens ermöglicht u.a. den optimalen Einsatz der MD-90 zur West- und Ostküste der USA ohne Nutzlastbeschränkungen. Gleichzeitig können andere Flugzeugtypen auf Routen eingesetzt werden, wo die Leistungsfähigkeit der MD-88/-90 nicht so hoch ist. Die großen Teilflotten bei Delta erweisen sich zusätzlich als gute Ausgangsbasis bei der Evaluierung einer Großbestellung. Das Unternehmen plant eine Bestellung für 200 bis 400 Flugzeuge, die den Ersatz der Airbus A320 und Boeing 757 einleiten soll. Interessant (aber kaum erwähnt!) ist, dass in diesem Zusammenhang nicht vom Ersatz der MD-88-Flotte gesprochen wird.

Langlebige Zelle

• Die MD-90 erbte die industrieweit bekannte sehr robuste und hervorragend verarbeitete Struktur von zweistrahligen zivilen Flugzeugen aus dem Hause McDonnell Douglas. Die MD-90 kann bei sachgemäßer technischer Betreuung unproblematisch für viele weitere Jahre eingesetzt werden. Ihre Vorgänger DC-9 und MD-80 bewiesen mittlerweile vielfach, dass manch ein jüngeres moderneres Konkurrenzprodukt aus verschiedenen Gründen viel eher das Ende ihrer strukturellen und/oder wirtschaftlichen Lebenszeit erreichten als zweistrahlige Produkte von Douglas.

Kein Interesse an MD-90 von anderen Unternehmen

• Delta haben es durch den jüngsten Deal mit JAL meiner Ansicht nach geschafft, den Gebrauchtmarkt für MD-90 im Interesse der Delta zu steuern – die Nachfrage nach MD-90 ist offiziell nicht vorhanden und die finanziellen Konditionen können noch stärker im Interesse der Delta ausgelegt werden. MD-90-Betreiber mit Verkaufsgedanken können nicht aus einer großen Anzahl von möglichen Käufern wählen. Die MD-90 ist somit in mehrfacher Hinsicht nur noch für Delta interessant. Zwar wurde die südafrikanische 1Time als möglicher Interessent für MD-90 genannt, die Wahrscheinlichkeit einer Entscheidung könnte aber bei weniger verfügbaren MD-90 deutlich sinken, da 1Time bei einem möglichen Interesse zugunsten der MD-90 fortwährend die Einkaufspolitik von Delta berücksichtigen muss. Viel hängt möglicherweise auch von der Zukunft der Saudi Arabian MD-90-Flotte ab. Die alternative Auslegung der Cockpits dieser MD-90 (mit großer Ähnlichkeit mit MD-11-Avionik) erwiesen sich bisher als erschwerender Verkaufsfaktor.

Kombinierter Einsatz der MD-88/-90-Flotte

• Zeitgleich mit dem Aufbau der MD-90-Flotte wird deutlich, dass Delta Air Lines Pläne verfolgen, die weiterhin große MD-88-Flotte u.a. technologisch aufzuwerten. Diese Überlegungen erfolgen unabhängig von den initiierten kabinenseitigen Umrüstungen. Die Aufwertungen der Kabinen an Bord der MD-88 und MD-90 sieht nicht nur eine Erhöhung der Passagierkapazität vor. Viele Quellen verweisen darauf, dass die MD-90 neue Gepäckfachklappen erhalten sollen, die dann ein größeres Volumen ermöglichen. Mögliche Aufwertungen der Avionik werden genannt, möglicherweise könnte hier auch eine so weit wie möglich umsetzbare Angleichung der MD-80/-90-Cockpits forciert werden. Diese Modifikationen unterliegen Genehmigungen der FAA und unbestätigt sollen Diskussionen zwischen Delta und der FAA stattfinden. Nicht nur in diesem Zusammenhang wird inoffiziell die Boeing 717 ins Spiel gebracht!

Auch im Jahre 2012 setzen Delta Air Lines eine relativ kleine Flotte von Douglas DC-9 ein. Es besteht sogar die Möglichkeit, das mit Einführung der Boeing 717 für eine kurze Zeit bei Delta parallel DC-9, MD-80/-90 und die 717 eingesetzt werden und dies wäre einmalig und historisch bemerkenswert!