Zurück zur Ebene "Unglücke"
Am 16. August 1987 verunglückte eine MD-82 der Northwest Airlines kurz nach dem Start in Detroit/USA. Mit insgesamt 156 Todesopfern gehört dieses Unglück zu den opferreichsten Zwischenfällen mit dem Muster MD-80.
Involviert war eine McDonnell Douglas MD-82 mit der Registration N312RC. Ausgeliefert wurde dieses Flugzeug fabrikneu an Republic Airlines Mitte Oktober 1981. Im Zuge der Integration von Republic Airlines in die Northwest Orient Airlines, wurde diese MD-82 übernommen. Zum Zeitpunkt des Unglücks präsentierte sich das Flugzeug in der Bemalung von Republic Airlines mit "Northwest"-Titeln.
Flug NW255 war ein abendlicher Liniendienst, der mit mehreren Zwischenlandungen von Saginaw via Detroit und Phoenix nach Orange County/Santa Ana (John Wayne Airport) führen sollte. Neben den zwei Piloten befanden sich vier Mitglieder der Kabinenbesatzung und 149 Fluggäste an Bord.
An dem Abend verdichtete sich die Bewölkung in der Region Detroit und leichter Regen setzte ein. Während der Startvorbereitungen wurde es dämmerig, da die Sonne unterging. Es herrschte normaler Flugbetrieb auf dem Flughafen und die Wetterbedingungen waren keineswegs ungewöhnlich.
Die Cockpitbesatzung bereitete sich auf den Abflug vor, verzichtete aber auf das Durchlesen von Checklisten. Auf dem Weg von der Gateposition bis zum Startlauf wurden keine Listen abgearbeitet und die eigentlich zugewiesene Startbahn nicht sofort angesteuert, sondern verwechselt. Die MD-82 rollte deshalb korrigierend zur zugewiesenen Startbahn.
Um 20:43 Uhr positionierte die Besatzung ihre MD-80 auf der Startbahn 03C und zwei Minuten später wurde die Startfreigabe erteilt. Ein leichte Rückenwindkomponente von 3 bis 4 Knoten wurde gemeldet.
Beim Hochfahren der Triebwerke hätte hier normalerweise eine audiovisuelle Warnung erscheinen und ertönen müssen, da die Besatzung die Vorflügel und Landeklappen nicht in die Position fuhren, wie dies beim Abfluggewicht notwendig gewesen wäre. Das Flugzeug war somit nicht korrekt für den Start und Steigflug konfiguriert.
Der Hersteller sah diese audiovisuelle Warnung vor, sollte die Besatzung versuchen, ohne ausgefahrene Vorflügel oder/und Landeklappen ihren Startlauf zu beginnen. Eine Computer-Frauenstimme würde neben Warnsignalen auf diesen Mißstand hinweisen. Die Stromversorgung für dieses Warnsystem wurde aber Tage zuvor lahmgelegt, möglicherweise durch Wartungstechniker oder eine andere Crew.
Der Startlauf verlief zügig und normal und die MD-82 hob wie gewohnt ab und führt bei knapp 150 Knoten aufgrund des Bodeneffekts (Luftpolster) auch wie üblich die Rotation und das Abheben durch. Die zuvor berechneten Geschwindigkeiten V1, Vr und V2 waren zuvor kalkuliert worden und orientierten sich aber an einer MD-82 mit dem Abfluggewicht und mit korrekt konfigurierten Auftriebshilfen. Diese Werte reichten aber nicht bei dieser falsch konfigurierten MD-80 aus. Sehr schnell aktivierte sich der "Stick-shaker" der Steuersäule, der einen Überziehzustand anzeigte.
Die Besatzung reagierte nicht auf diesen Hinweis und zog noch stärker an der Steuersäule, um eine höhere Steigrate zu erzielen. Die Luftströmung über den Tragflächen brach temporär auf beiden Seiten ab und das Flugzeug neigte sich um jeweils um bis zu ca. 35° nach recht und links. Die MD-82 sank aus einer Höhe von nur 16 m wieder dem Erdboden entgegen und obwohl die Besatzung die Triebwerke auf volle Leistung brachten, kollidierte das Flugzeug kurz nach Hinterlassen der Pistenschwelle und mit nach links neigender Tragfläche den Lichtmast einer Autovermietung.
Immer noch weiter nach links rollend streifte das Flugzeug ein Hausdach, bevor die MD-82 dann nahezu kopfüber auf einer stark befahrenen Freeway zu Boden stürzte.
An dem Freeway kollidierte die MD-82 mit einer Brücke inklusive Güterwaggons und zerschellte in einem brennenden Inferno. Die ersten Rettungskräfte konnten nur Tote bergen und vermuteten, dass keiner der Insassen dieses Unglück überlebte. Zusätzlich zu den Flugzeuginsassen starben auch zwei Autofahrer, die von Trümmerteilen der MD-80 getroffen wurden. Stunden später fand man aber ein vierjähriges Mädchen schwer verletzt. Dieses Mädchen sollte die einzige Überlebende sein und verlor bei diesem Unglück ihre Eltern und ihren Bruder. Erfreulicherweise schirmten Verwandte dieses Mädchen fortan von der Öffentlichkeit völlig ab.
Das NTSB kam zu dem Schluß, dass eine Anzahl von verschiedenen Faktoren zum Unglück führten. So war die Besatzung nicht diszipliniert sowie unkonzentriert und es wurden Cheklisten nicht gelesen. Es wurde auf dem Weg zur Startbahn die richtige Startbahn verpasst und es musste korrigierend zurück gerollt werden. Hier wurde das Rollbahnsystem des Flughafens kritisiert, da die Anordnung sehr unübersichtlich war. Auch wurde das Flugzeug nach der Landung in Detroit von der Besatzung nicht ordnungsgemäß auf den Zustand konfiguriert, wie dies zwischen zwei Flügen üblich gewesen wäre (Wetterradar abschalten etc.). Letzlich konnte auch die deaktivierte Sicherung vor dem unbeabsichtigem Starten ohne Auftriebshilfen nicht warnen.
Dieses Flugzeugunglück hat sehr viele Parallelen zum Absturz einer MD-82 der Spanair 21 Jahre später.