Zurück zur Ebene "Unglücke"
Am 13. November 1993 stürzte eine McDonnell Douglas MD-82 der China Northern Airlines im Anflug auf den Flughafen von Urumqi vor Beendigung des Linienkurses CJ6901 aus Beijing ab. Zwölf der 102 Insassen starben bei diesem Unglück. Die später bekannt gewordenen Ursachen deckten eklatante Defizite bei der Ausbildung der Besatzung und der Standards auf.
Bei dem betroffenen Flugzeug handelte es sich um eine MD-82 mit der Registration B-2141. Ausgeliefert wurde dieses Flugzeug fabrikneu 1991 an China Northern Airlines und war eine in Lizenz produzierte MD-80 (SAIC).
Diese MD-82 führte an diesem Tag den Linienflug CJ6901 von Beijing nach Urumqi durch. An Bord befanden sich 102 Insassen, darunter zehn (!) Crewmitglieder. Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschten suboptimale Bedingungen mit einer Sichtweite von ca. 1000 m.
Die Cockpitbesatzung bereitete sich auf die Landung auf der Piste 25 vor. Knapp vier Meilen vor der Landung schaltete einer der Piloten aus nicht geklärten Gründen den Autopiloten aus. Der Autopilot bietet bei richtiger Einstellung ein optimales Landeprofil mit richtigem Gleitwinkel durch Zuhilfenahme des ILS an. Wenig später schaltete ein Besatzungsmitglied den Autopiloten wieder ein, da dieser notwendig war, um das ILS zu nutzen. Hier unterlief aber einer der Piloten ein folgenschwerer Fehler. Korrekterweise hätte man beim Autopiloten den „Gleitweg-Modus“ aktivieren müssen (die MD-82 wäre dem Gleitweg gefolgt). Stattdessen wurde aber der „Vertical Speed Modus“ aktiviert. Diese Option fordert den Autopiloten auf, die gegenwärtige Sinkrate beizubehalten. Diese betrug zum Zeitpunkt der Aktivierung 800 Fuß pro Minute. Normal wäre eine Sinkrate von 700 Fuß gewesen. Folglich sank die MD-82 immer mehr unter dem optimalen Gleitweg und geriet zu niedrig.
Dies fiel der Besatzung offenbar nicht auf und der Fokus wurde auf die Landung gelegt. Eine Audio-Warnung erfolgte (mit der typischen „McDonnell Douglas-Frauenstimme“): „Glideslope! Glideslope!“. Dieser Hinweis zeigte deutlich auf, dass die MD-82 nicht auf dem Gleitweg schweben würde. Die Besatzung reagierte nicht darauf. Es folgte eine weitere Warnung: „Sinkrate!“ Auch darauf wurde nicht reagiert. Es folgte eine weitere und letzte Warnung: „Pull up!“, „Pull up!“ („zieh hoch!“).
Der Kopilot soll dann gesagt haben: „was bedeutet Pull up?“ Der Kapitän antwortete mit „hochziehen und auspendeln“. Just in diesem Moment erschütterte eine Verzögerung die MD-82, da das Flugzeug rund 1,5 Km vor der Landebahn bei schlechter Sicht die Stromkabel einer Hochspannungsleitung streifte. Die MD-82 konnte nicht mehr an Höhe gewinnen und um 14:56 Uhr setzte die MD-82 sehr unsanft vor der Landebahn auf freiem Feld auf und zerbrach. Zwölf der 102 Insassen entkamen nicht mehr dem Flugzeug, weitere 30 Personen wurden verletzt. Die meisten Personen konnten die havarierte MD-82 rechtzeitig verlassen, bevor ein Feuer das Flugzeug zerstörte.
Dieses Unglück betraf erstmals eine in der VR China endgefertigte SAIC MD-82. Es offenbarten sich eklatante Mängel bei der Ausbildung von Flugpersonal. Standardtraining mit Notfällen etc. wurden schlicht nicht ausgeführt, Flugenglisch wurde nicht gelehrt. Diese zeitraubenden Ausbildungselemente standen im krassen Kontrast zum extremen Wachstum des chinesischen Luftverkehrs mit enormen Bedarf an zusätzlichen Flügen. Diesem Wachstum konnte die Infrastruktur nicht folgen und es wurde offenbar trotz der starken Nachfrage- und Einnahmesituation nicht ausreichend in Bereiche investiert, die zur Einhaltung von Sicherheitsstandards notwendig gewesen wären.