Finnair gehörte zu den Fluggesellschaften, die zuerst DC-8 und dann die DC-9 in Dienst stellten. Die Entscheidung zugunsten der DC-9-10 war das Ergebnis einer umfassenden Evaluierung für den Ersatz der Convair CV-440-Flotte. Am 30.07.1970 gaben Finnair auf einer Konferenz bekannt, dass man sich für acht gebrauchte DC-9-10 entschieden hat. Diese acht DC-9-10 wurden in einem Paket vom Hersteller McDonnell Douglas angeboten.
Die erste DC-9-10 traf am 23.01.1971 in Helsinki ein und es wurden höchst wahrscheinlich einige Inlandflüge durchgeführt, damit sich die Mitarbeiter der Finnair mit dem neuen Flugzeugmuster vertraut machen konnten.
Der erste offizielle Liniendienst soll am 01.04.1971 auf der Strecke Helsinki - Kuopio stattgefunden haben. Zwei der acht "kurzen" DC-9-14/-15 waren "MC-Versionen. Die DC-9-15MC war eine schnell umrüstbare Passagier-/Frachtversion der DC-9-15 und Finnair stellte die erste dieser beiden DC-9 am 06.06.1972 auf der Strecke Helsinki - Amsterdam - London in den Frachtdienst. Je nach Bedarf und Saison konnten diese DC-9 entweder Passagiere oder (und) Fracht befördern, wobei ich in keiner Quelle lesen konnte, dass Finnair diese DC-9 kombiniert mit Passagieren und Fracht im Kabinenraum beförderte.
Finnair ergänzte ihre acht DC-9-10 ab 1975 durch DC-9-50 und ab 1980 wurden dann sechs DC-9-40 von TDA erworben, die dann recht zügig in der ersten Hälfte der 1980er Jahre die DC-9-10 aus dem Passagierdienst der Finnair verdrängten. Die Frachtversion der DC-9-10 flog aber bei Finnair noch bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre. Finnair vermietete zeitweise Teile ihrer DC-9-14/15-Flotte an andere Fluggesellschaften, so zum Beispiel an die British Midland, die später auch Exemplare von Finnair erwarb.
Zum Artikel: "Einsatzspektrum der Finnair DC-9 1980/81"
In der 1973 erschienenen Publikation "The Finnair Story" widmet sich auch ein Kapitel der DC-9-10 und Finnair benutzte die Überschrift, dass die DC-9-10 den von Finnair angebotenen Inlandsverkehr revolutionierte. 1971/72 waren die acht DC-9 für 21% des Gesamtangebots von Finnair verantwortlich, in Inlandsverkehr lag der Wert sogar bei 59%.
Finnair evaluierte sehr intensiv alle damals fraglichen Möglichkeiten, wie der Inlandsverkehr in Zukunft durchgeführt werden sollte. Bis auf wenige Ausnahmen setzte Finnair auf ihren Inlandstrecken zumeist Convair-Flugzeuge ein, teilweise unterstützt durch Caravelle. Für Finnair kamen nach offizieller Aussage keine Caravelle in Frage; ein Zitat bringt dies deutlich zum Ausdruck: "And the Super-Caravelle jets were hardly the type of aircraft to make short local hops."
Für Finnair war ausschlaggebend, dass das neue Flugzeug durch hohe Reisegeschwindigkeiten aufwarten sollte, gleichzeitig aber spezielle Anforderungen erfüllen musste, die in der Natur der Provinzflughäfen Finnlands begründet waren. So war es Finnair wichtig, dass die DC-9-10 mit rund 95% des Abfluggewichts wieder landen konnte. Dies sollte der Finnair ermöglichen, die Bodenzeiten aufgrund wegfallender Tankvorgänge stark zu verkürzen und "Milchkannendienste" von Provinzflugplatz zu Provinzflugplatz anzubieten, ohne aufzutanken. Auch gab es damals auf diversen Flugplätzen gar keine Tankmöglichkeiten und das Flugzeug musste die Kerosinmenge für den Rückflug schon in ihren Tragflächentanks horten.
Weitere offizielle Faktoren waren die "hohe strukturelle Festigkeit" der DC-9, die "hohe Stabilität unter windigen Bedingungen" und die einfache Auslegung der DC-9, die auch am Boden viele Arbeitsvorgänge erleichterte. Auch untersuchte Finnair den Aspekt des Passagierkomforts und war nach eigener Aussage davon angetan, dass die Klimaanlage einen sehr guten Luftaustausch ermöglichte und die gewünschte Temperatur halten konnte. Ein weiterer Punkt war anscheinend die ideale Passagierkapazität. Finnair beschrieb, dass Entscheidung zugunsten der 80-sitzigen DC-9-10 eine Summe von "superior features" war. 1973 bestätigte Finnair, dass die Einsatzerfahrung ihrer acht DC-9-10 ihre damalige Entscheidung zugunsten der DC-9 mehr als bestätigt hat.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die acht DC-9-10 höchst wahrscheinlich ein geschnürtes Angebot von McDonnell Douglas waren. Der Hersteller suchte nämlich neue Interessenten für retournierte DC-9-10, die McDonnell Douglas größtenteils als Gegenleistung für größere DC-9-30 in Zahlung nahm. Der Markt für DC-9-10 wurde schon damals als eher begrenzt beschrieben, da der große Erfolg der DC-9-30 die Version DC-9-10 "überflüssig machte" und die DC-9-30 zu nur geringfügig höheren Betriebskosten erheblich mehr Passagiere/Nutzlast befördern konnte. Dies begründet auch u.a. die recht kurze Produktionszeit der Grundversion DC-9-10, die schon 1968 auslief.
Für solche DC-9-10 ein neues Zuhause zu finden, war somit nicht so leicht, aber McDonnell Douglas gelang es mit den Jahren, einige Fluggesellschaften zu gewinnen, die dann über viele Jahre dieses Muster einsetzen sollten. Dazu gehörten neben Finnair auch die British Midland.
Leider ist mir nicht bekannt, wann genau Finnair ihre letzte DC-9-10 aus dem Flugbetrieb nahm. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass noch bis 1987 mindestens eine DC-9-10 als Frachter unterwegs war.